Raum für politischen Makel

Das war großartig ! Von 05.07. bis 02.08.2016 wohnten und arbeiteten wir in Oldenburg. Danke theater wrede + undflausen – young artists in residence “ !

team flausen

1.August//

Ein struktureller Bodycheck – Raum für politischen Makel im Theater Wrede Oldenburg

Als Stipendiat_innengruppe #25 zeigen wir und das DISCOURSE+CONTENTkollektiv einen Einblick in unsere 28-tägigen Recherche. Auf der Suche nach Formen der Darstellung struktureller Gewalt übertragen wir machtkritische Perspektiven und Diskurse auf konkrete Körper. Der „Strukturelle Bodycheck“ als heikler Moment fragt: Welche Konsequenzen fordern strukturelle Vorteile? Wir experimentieren mit Formaten, die es den Zuschauer*innen ermöglichen von Wahrnehmungs- und Reflexionsprozessen zu konkreten Handlungen im eigenem sozialpolitischen Umfeld zu gelangen.

 

 

Vier Wochen intensive FLAUSEN-Zeit in Kürze zusammengefasst:

Zusammen mit Carolin Gerlach fragen wir uns: Wozu bitten wir das Publikum? Was wünschen wir uns von der Zusammenarbeit mit dir? Welchen Eindruck wollen wir dem Publikum vermitteln?

Wir entdecken auch, dass unsere eigenen Privilegien meist als blinde Flecken daherkommen. Wir sind ihnen nachgegangen und kamen einigen von ihnen, nicht zuletzt durch den Austausch mit Golschan Ahmad Haschemi, auf die Schliche. Es gelang uns sogar teilweise, szenisch auf eine Auswahl unserer Privilegien hinzuweisen und sie auf mehr oder weniger interessante Weise zu markieren. Aber wie erfolgt dann der Schritt zur Aushandlung? Wie kommen wir vom (stets fragwürdigen) „I GOT IT“ zum „WHAT NOW?“.  

Wir stellten uns die Frage, welche Hierarchien in unseren Körpern eingeschrieben sind. Im Körpertraining stellt Ayelén Cantini mühelos sofort fest: Selbst wenn wir Fragen an unseren Körper stellen, setzen wir unseren Körper nicht ein. Der Intellekt ist dominant, der Körper sekundär. Wir widmen uns dieser Baustelle ausgiebig.

Am Ende der Residenz gab es ein Showing. Das sah ungefähr so aus:

Im Raum stehen verschiedene Stühle. Stühle mit Rollen unten dran und Stühle ohne Rollen. Fragezeichen auf den Gesichtern der Zuschauenden: Dürfen wir sitzen? Wo dürfen wir sitzen? Einige fangen an auf ihren Bürostühlen herumzurollen.

Einige Besucher*innen fahren mit uns im Privilegientaxi über die Bühne. Die ein und der andere mischt sich sogar ungefragt ins Geschehen ein, um Isi aus einer anstrengenden Situation zu befreien. Später kommen diesen Retter*innen eigene Zweifel an dieser Aktion.  Alle lauschen gespannt Marjas Reflexion über die Privilegien, die ihr deutscher Pass ihr an Grenzen verschafft. Ein Gesprächsraum entsteht, in dem verhandelt wird, inwiefern mensch sich in Situationen einmischen soll und kann, z.b. in Situationen in denen eventuell oder offensichtlich Motive des „racial profiling“ wirksam sind. Es wird intensiv über Privilegien diskutiert. Jede*r muss sich positionieren.

Wir hatten uns einen kollektiven Schwitzmoment gewünscht und der tritt im offenen Gespräch mit dem Publikum unerwartet tatsächlich ein. Wir sind froh über die Wirksamkeit unserer Inszenierungsidee zur Publikumsbeteiligung und sind gleichzeitig sprachlos, aufgebracht oder irritiert vom ein oder anderen Kommentar.

Und da zeigt sich auch schon ein wichtiges Forschungsfeld unserer weiteren Arbeit: Wie gehen wir mit Irritationen um die entstehen, wenn das Publikum unsere Einladung zur Teilnahme an der Aufführung annimmt?

 

Es bleibt spannend!

 

Bis dahin – wir freuen uns auf euch.“